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Loyalität ist Infrastruktur – nicht nur Marketing

  • Autorenbild: Zeev Rosenberg
    Zeev Rosenberg
  • 15. Juni
  • 4 Min. Lesezeit
KI Bild - Loyalität ist Infrastruktur – nicht nur Marketing
KI Bild - Loyalität ist Infrastruktur – nicht nur Marketing

Von außen wirkt es wie ein Nebenschauplatz: ein Glas Sekt zur Begrüßung, ein später Check-out, und ein kostenloses Upgrade auf die nächsthöhere Zimmerkategorie – manchmal sogar in eine Suite. Doch hinter diesen scheinbar belanglosen Gesten der Hotel-Loyalty-Programme verbirgt sich 2025 ein System, das für viele Betriebe zur letzten Verteidigungslinie geworden ist. Und wer glaubt, Treue sei nur ein Marketingtool, wird in den kommenden Monaten teuer dafür bezahlen.

Denn die Lage ist ernst. Die Nachfrage ist volatil, die Buchungsfenster schrumpfen, wirtschaftliche Unsicherheit macht Gäste zögerlich – und das Vertrauen in Marken entscheidet mehr denn je über Buchung oder Absage. In dieser Situation fungieren Loyalty-Programme nicht als Bonus – sondern als Bollwerk.

Gerade 2025 zeigt unmissverständlich, was viele nicht offen aussprechen wollen: Kriege im Nahen Osten und in der Ukraine, gepaart mit anhaltender wirtschaftlicher Unsicherheit, dämpfen Konsum und Reiselust. Trotz nicht steigender Auslastung in den meisten Regionen Deutschlands bleiben viele Häuser strukturell unter Druck. Die Zimmerpreise stagnieren – in manchen Märkten sinken sie bereits. Der Boom ist vorbei, die Reserven sind dünn. Loyalty wird zur systemischen Antwort auf einen Markt, der sich neu sortiert.

Laut internen Daten aus der CBRE-Branchevaluierung stammen in den USA inzwischen über 52 % der gebuchten Zimmernächte von Loyalty-Mitgliedern. Diese Gäste sichern nicht nur Grundauslastung, sie stützen in vielen Märkten auch den Zimmerpreis – besonders dann, wenn OTA-Kanäle unter Druck stehen. Ohne diese Bindung wären zahlreiche Häuser operativ längst nicht mehr stabil.

Die großen Hotelkonzerne und Gruppen bestätigen übereinstimmend: In einem Jahr, in dem viele CFOs den Rotstift ansetzen, sind es ausgerechnet die treuen Gäste, die Kostensicherheit und Prognosekraft geben. Loyalty ist keine Kür – sondern Teil des Überlebensmechanismus.

Was Loyalty 2025 erfolgreich macht, ist nicht der nächste kostenlose Cappuccino. Es ist die emotionale Relevanz, die ein Gast mit einer Marke verbindet – und der Status als Identitätsmerkmal, nicht als Belohnung.

eHotelier spricht von einer tektonischen Verschiebung: Weg vom Sammelsystem, hin zur gefühlten Zugehörigkeit. Treue als Haltung. Als Symbol. Als Entscheidung: „Ich bleibe bei euch, weil ihr mich versteht.“

Der Hebel dafür? Daten, Kontext, Timing. Loyalty funktioniert nur noch, wenn sie fühlt – nicht wenn sie zählt.

Wenn es um Loyalität geht, lohnt sich der Blick auf Branchen, die das Spiel schon länger spielen – und längst perfektioniert haben. Airlines und Kreditkartenunternehmen wie Miles & More oder American Express behandeln Loyalitätsprogramme nicht als Anreiz, sondern als strategischen Wachstumsmotor. Und die Hotelbranche? Beginnt gerade erst, das volle Potenzial zu erkennen.

Sie könnten viel übernehmen: Loyalität als monetarisierbares Geschäftsmodell. Status als Verhaltensteuerung. Datenbasierte, KI-gesteuerte Personalisierung. Kooperationen über Branchengrenzen hinweg. Und vor allem: die Fähigkeit, aus Beziehung echten Wert zu schaffen.

Einige Hotelgruppen haben Loyalty längst zur strategischen Kernfunktion gemacht: Marriott Bonvoy mit über 180 Mio. Mitgliedern, vernetzt mit Kreditkarten, Airlines und App-Nutzung. Hilton Honors, bekannt für einfache Statusvorteile, digitale Integration und starke Partnerschaften. World of Hyatt, kleiner, aber mit besonders hoher emotionaler Bindung und personalisierten Benefits. Accor Live Limitless (ALL), das über Hotelgrenzen hinaus agiert – mit Events, Sport und Lifestyle-Partnerschaften. IHG One Rewards, neu aufgestellt mit Choice Benefits und klar mobilem Fokus. Was sie alle verbindet: Loyalty wird hier nicht verwaltet – sie wird gesteuert: als Wachstumstreiber und Markenerlebnis.

Hinter der freundlichen Willkommensnachricht verbirgt sich ein hochkomplexes System aus CRM-Logik, KI-gesteuerter Personalisierung und Revenue-Optimierung. P&C Global bringt es auf den Punkt: Wer Loyalty nur als Gutscheinmaschine versteht, lässt das wichtigste Steuerungsinstrument der Zukunft ungenutzt liegen.

Programme, die heute wirklich performen, liefern: Live-Daten über Buchungsverhalten und Preiselastizität. Personalisierte Kampagnen auf Tagesbasis. Operative Tools zur Auslastungssteuerung in Echtzeit. Die Branche weiß das. Doch viele Häuser zögern, setzen weiter auf Standard-Mailings und hoffen auf Frühbucher. Die Quittung kommt – meist in Form leerer Zimmer.

Es ist dabei entscheidend, die richtige Dosis im Gästekontakt zu treffen. Penetrante Werbemails schrecken eher ab – wir alle kennen die Flut an Newslettern und belanglosen Angeboten. Loyalty kann nur dann funktionieren, wenn Gäste sich verstanden fühlen. Dazu braucht es Systeme – KI, CRM, Segmentierung –, die intelligente Dosierung ermöglichen: zum richtigen Zeitpunkt, über den passenden Kanal, mit echtem Mehrwert. Nicht mehr – und nicht weniger.

Trotz ihrer Verbreitung werden Loyalty-Programme in vielen Hotels noch zu wenig strategisch genutzt. Dabei steckt erhebliches Potenzial: Direktbuchungen stärken, um Provisionskosten zu senken und die Datenhoheit zurückzugewinnen. Upselling gezielt steuern, z. B. durch personalisierte Angebote oder statusbasierte Vorteile im Haus. Bindung emotional vertiefen, indem Programme echte Zugehörigkeit schaffen – nicht nur Punkte. Regionale Partnerschaften nutzen, um Loyalty erlebbar über das Hotel hinaus zu machen. Vom Marketing-Tool zur Management-Plattform: Loyalty gehört auf die Agenda von Revenue, CRM und Geschäftsführung.

Mehr noch: Ein gut konzipiertes Loyalty-Programm ist nicht nur ein Vertriebskanal, sondern auch Ausdruck der Unternehmenskultur. Es kann Werte, Haltung und Philosophie eines Hauses greifbar machen – und so als nachhaltiges Marketinginstrument wirken, das weit über Rabatte hinausgeht. Wer Loyalität nicht nur belohnt, sondern verkörpert, schafft echte Bindung.

Auch kleine Hotelgruppen und privat geführte Häuser sollten sich fragen, wie sie ein Loyalty-System in angepasster Form umsetzen können – sei es nur über exklusive Upgrades, Preisnachlässe in den Outlets oder gelegentliche Vorteilsraten für Stammgäste. Entscheidend ist nicht die Größe des Systems, sondern dessen Wirkung auf die Gästebeziehung.

Kurz: Loyalty ist längst kein „Nice-to-have“ mehr – sondern Wachstums- und Resilienzfaktor in einem schwierigen Marktumfeld.

In einem Marktumfeld, in dem klassische Prognosemodelle nicht mehr funktionieren, wird Loyalität zur Infrastruktur. Sie ist der unsichtbare Faktor hinter stabilen Cashflows, gezieltem Upselling und planbarer Nachfrage. Wer sie aufgibt, gibt Kontrolle auf.

Ein gut konzipiertes Loyalty-Programm ist heute weit mehr als ein Kundenbindungsinstrument – es ist Umsatzmotor, Markenbotschafter und digitales Rückgrat in einem. Es liefert planbare Nachfrage, senkt Distributionskosten und macht aus zufriedenen Gästen loyale Multiplikatoren.

Wer die Beziehung zum Gast strategisch orchestriert, schafft nicht nur Wiederkehr – sondern Relevanz. Nicht laut, sondern dauerhaft. Nicht rabattgetrieben, sondern markenbildend.

Denn Loyalität ist kein Versprechen. Sie ist ein Ergebnis – von Nähe, Nutzen und Timing.

 
 
 

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