top of page
AutorenbildZeev Rosenberg

Wie ich den 7. Oktober 2023 und die Zeit danach sah



An den Morgen des 7. Oktober 23 kann ich mich noch sehr gut erinnern. Aufgewacht bin ich (komischerweise) um 6:30 Uhr und habe absichtlich das Wlan eingeschaltet. Plötzlich kamen unendlich viele Push-Nachrichten, die den Beschuss aus Gaza meldeten und nach einiger Zeit auch Videoclips und dann im israelischen TV die ersten Live-Bilder.


Es war alles surreal und komisch, nach kurzer Zeit war klar, dass die Welt nach dem 7.10.23 nicht mehr die gleiche sein wird wie vorher. Nach ein paar Stunden wurde das Bild des Grauens immer deutlicher, immer mehr Bilder von Entführten und Toten waren im Netz zu sehen, die Nachrichtenportale und sozialen Medien waren voll mit Informationen und gleichzeitig hoffte ich immer, dass es nicht wahr sein kann und die Hamas mit ihrer Propaganda lügt, was sie aber nicht tat.


Langsam geriet ich in einen Strudel aus Irritation, Verwirrung, Angst und Hilflosigkeit. Dann fing das israelische Fernsehen an, die Bilder von Al Jazeera und anderen Sendern zu veröffentlichen und nach 6 Stunden wurde das Ausmaß klarer, es war ein Mega-Massaker und noch viel mehr! Menschen lagen tot auf den Straßen in den Kibbuzim oder sonst wo und teilweise konnte man die Hinrichtungen live sehen. Diese Momente und Bilder haben sich für immer in mein Gedächtnis eingebrannt. Seitdem ist die Welt für mich nicht mehr dieselbe.


Deshalb beschloss ich, nach Israel zu gehen und zu helfen. Am 23. Oktober war ich in Israel und es war nicht das Land, das ich kannte. Ein Volk und ein Land, traumatisiert und orientierungslos. Niemand wusste, was zu tun war. Es war gut, in Avhim Laneshek und anderswo zu helfen, auch dort haben tausende Menschen geholfen und unterstützt. Noch nie war das Land so geeint und gleichzeitig so wütend wie damals. Ich war auch im Hauptquartier der Familien der Entführten und habe versucht, mich einzubringen und zu helfen, auch dort gab es großartige Menschen, die freiwillig geholfen haben.


Noch in Israel habe ich mich auch entschieden zu helfen, ich habe Geld gesammelt für die Israelis, die am 7.10. alles verloren haben, ich habe einen Trailer organisiert mit dem Aufruf #bringthemhomenow und zusätzlich habe ich versucht in den sozialen Medien aktiv zu sein, für die Freilassung der entführten Israelis.


Aber ich muss auch sagen, dass die Welt eine andere geworden ist und ich immer noch die israelischen und deutschen Medien verfolge, auf X und anderswo reagiere und merke, wie viel Kraft das kostet. Dennoch ist es enttäuschend zu sehen, wie schnell die Stimmung kippt und oft eine Opfer-Täter-Umkehr stattfindet, die aggressiven Anti-Israel- und antisemitischen Pro-Palästina-Demonstrationen, die auch von Linken stark unterstützt werden, oder dass jüdische Studenten, Bewohner oder Touristen gewalttätig angegriffen werden.


Selbst wenn ich mit meiner Meinung nicht immer richtig liege, so versuche ich doch im Rahmen meiner Möglichkeiten, die Öffentlichkeit darüber zu informieren, dass nicht alles, was deutsche Politiker, Experten oder Journalisten sagen, sachlich oder sonst wie richtig ist, was und wie sie sich äußern. Es ist schwer, Israel und die Situation zu verteidigen, aber ich sehe es gerade jetzt als meine Aufgabe an.


Auch wenn ich, leider immer mehr, bösartige Antworten auf X bekomme, scheue ich mich nicht weiter zu machen und zu versuchen aufzuklären und dass die 101 entführten Israelis freigelassen werden müssen.


Bei weitem bin ich kein Freund von Netanjahu mit seiner radikalen Regierung und am liebsten wären sie gestern zurückgetreten, aber ich bin für die Selbstverteidigung und die Sicherheit der Israelis in Israel. Auch werde ich mich immer gegen Antisemitismus in Deutschland (von rechts und von links) einsetzen, denn er bedroht die jüdische Gesellschaft und das freiheitlich-demokratische Deutschland. Nicht nur von rechts, die weitaus größere Gefahr für Juden in Deutschland geht heute vom linken und muslimischen (pro-palästinensischen) Spektrum aus.


Es war eines meiner schwersten Jahre und heute ist der Jahrestag des 7.10.23, der nicht enden will. Seitdem ist es ein Alptraum für Israelis und Juden weltweit geworden und es zeigt sich, dass der Antisemitismus mehr lebt und sich ausbreitet als noch vor einigen Jahren, zumindest ist er öffentlicher geworden. Wer hier, auch als Nichtjude, nichts dagegen unternimmt, hat die Gefahr und die Problematik des Antisemitismus nicht erkannt oder verstanden.


Dennoch möchte ich das Gute und die Hoffnung sehen, dass dieses Massaker zu einer Chance für den Nahen Osten werden könnte, da das Kräfteverhältnis der Terrororganisationen sich verringert hat und auch der Libanon mit weniger Macht der Hisbollah und der Islamischen Republik Iran hoffen kann, selbstständiger und unabhängiger zu werden. Die Palästinenser könnten mit weniger Hamas einen friedlicheren Kurs einschlagen, und die Erklärungen der arabischen Außenminister, Israel anerkennen und nicht vernichten zu wollen, könnten ein weiterer Schritt sein.


Es ist auch zu hoffen, dass die unsäglichen antisemitischen und antiisraelischen Vorfälle die Bevölkerung endlich wachrütteln, dass wir uns und die Demokratie besser gegen Links- und Rechtsextremismus sowie Islamismus schützen können und werden, damit wir nicht immer #niewiederistjetzt sagen müssen.


15 Ansichten0 Kommentare

Comments


bottom of page