Berlin spart, Hamburg feiert – und die Hauptstadt verliert ihre Seele
- Zeev Rosenberg
- vor 9 Stunden
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Berlin hat den Jahreswechsel verloren – und mit ihm ein Stück seiner Seele.Dieses Jahr gibt es keine Silvesterfeier am Brandenburger Tor. Kein Feuerwerk, keine Bühne, keine Live-Übertragung des ZDF. Und damit auch keine Werbung für Berlin – stattdessen sendet das ZDF dieses Jahr aus Hamburg. Natürlich.
Was auf den ersten Blick nach Sparmaßnahme klingt, ist in Wahrheit ein wirtschaftlicher und imagepolitischer Offenbarungseid. Denn eine solche Veranstaltung kostet, ja. Sicherheitsmaßnahmen, Bühnenaufbau, Technik und Reinigung verschlingen Millionen – die genauen Summen variieren je nach Jahr, zuletzt waren es rund fünf bis sechs Millionen Euro laut Medienberichten. Aber der Gegenwert? Unbezahlbar. Millionen Fernsehzuschauer weltweit sehen Berlin in der Silvesternacht als pulsierende, lebensfrohe Metropole. Genau dieser Werbeeffekt ist nicht in Euro zu messen, aber im Stadtmarketing Gold wert.
Stattdessen lässt die Hauptstadt ihr Aushängeschild einfach ziehen. Während Hamburg mit offenen Armen empfängt, bremst Berlin sich selbst aus – wieder einmal. Und das in einer Zeit, in der Tourismus, Hotellerie, Gastronomie und Einzelhandel ohnehin unter Druck stehen. Hotels verlieren Gäste, Taxis stehen leer, Restaurants bleiben ruhiger – alles Folgen einer Politik, die lieber spart als gestaltet.
Man muss sich nur die Prioritäten anschauen: Das Humboldt Forum verschlang insgesamt rund 680 Millionen Euro – laut AP News und berliner-schloss.de kamen davon ein erheblicher Teil aus Spenden und vom Bund, aber der Berliner Senat steuerte ebenfalls einen zweistelligen Millionenbetrag bei.
Berlin spart, aber falsch. Es spart an Sichtbarkeit, an Lebensgefühl, an seiner wirtschaftlichen Strahlkraft. Der Flughafen bleibt ein schwaches Symbol mit kaum internationalen Direktverbindungen, die Lufthansa meidet die Hauptstadt, das ICC steht leer, die City-Tax wird erhöht, und nun fällt auch noch das ikonischste Event des Jahres weg. Wirtschaftlicher Weitblick? Fehlanzeige.
Mindestens genauso enttäuschend: das Schweigen der Landesverbände. Kein Aufschrei, kein Widerstand, kein Aufstehen – jedenfalls ist nichts zu sehen oder wirklich zu hören. Man redet, trifft sich, nickt – aber bewirkt nichts. Wirtschaft und Tourismus in Berlin brauchen endlich wieder eine Stimme, die gehört wird. Eine, die auf den Tisch haut statt Kompromisse zu streicheln.
Der sogenannte „Runde Tisch des Tourismus“ ist das beste Beispiel für diese Hilflosigkeit. Er könnte auch gleich eingestampft werden, denn der Senat macht ohnehin, was er will. Die freundlichen Phrasen von „wir reden“, „wir treffen uns“ und „wir beeinflussen den Regierenden“ sind ein Hohn. Wer das wirklich noch glaubt, lebt im sprichwörtlichen La-La-Land.
Berlin benimmt sich immer mehr wie eine Dorfstadt, nicht wie eine Weltmetropole. Es fehlt an Größe, Haltung und strategischem sowie wirtschaftliches Denken. Statt internationale Strahlkraft zu fördern, werden kleinstädtische Strukturen gepflegt – in der Politik ebenso wie in den Verbänden. Das gilt leider auch für viele Interessenvertreter der Wirtschaft, die sich lieber in wohlklingenden Arbeitskreisen und Runden Tischen verlieren, statt unbequem, laut und klar Position zu beziehen.
Die wirtschaftlichen Landesverbände sollten endlich auf ihren Hinterbeinen stehen und einen Aufschrei wagen – laut, deutlich und unüberhörbar. Es kann so nicht weitergehen. Dieses Schweigen hat die Branche in die Bedeutungslosigkeit geführt. Berlin braucht Vertreter, die das Rückgrat haben, Missstände offen anzusprechen – nicht, um anzuecken, sondern um etwas zu bewegen.
Berlin hat den Bezug zu seiner eigenen wirtschaftlichen Realität verloren. Die Stadt redet von Nachhaltigkeit, Innovation und Internationalität – handelt aber provinziell, kurzsichtig und selbstzufrieden. Statt Leuchttürme zu schaffen, löscht sie Lichter.Das Aus der Silvesterfeier ist kein Nebenschauplatz, sondern ein Symptom einer Stadt, die sich in Verwaltung und Selbstüberschätzung verliert. Wer Wirtschaft und Tourismus so fahrlässig ignoriert, riskiert nicht nur Einnahmen, sondern den Charakter dieser Stadt. Berlin braucht keine weiteren leeren Runden Tische – Berlin braucht endlich Menschen mit Rückgrat, Weitblick und Mut, wieder für das einzustehen, was diese Stadt einst groß gemacht hat: Offenheit, Energie und Unternehmergeist.
Quellen:
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