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Hotellerie im Realitätscheck: Zwischen Gehältern, Digitalisierung und People Business

  • Autorenbild: Zeev Rosenberg
    Zeev Rosenberg
  • 5. Okt.
  • 3 Min. Lesezeit
Bild KI - Hotellerie im Realitätscheck: Zwischen Gehältern, Digitalisierung und People Business
Bild KI - Hotellerie im Realitätscheck: Zwischen Gehältern, Digitalisierung und People Business

Vergangene Woche beim Hotel Talk von Cost & Logis, moderiert von Jens Riemann, zeigte sich wieder, warum dieses Format so wichtig ist: Kolleginnen und Kollegen treffen, diskutieren, zuhören – und manchmal auch den Kopf schütteln.


Auf der Bühne diesmal unter anderem eine Gründerin einer deutschen Hotelgruppe. Ihr Thema: Gehälter und der Umgang mit Mitarbeitenden. Kaum fiel das Stichwort, war der Saal hellwach. Quintessenz ihrer Aussagen: Beschäftigte müssten sich künftig mit weniger Gehalt zufriedengeben – schließlich liege das Durchschnittseinkommen in deutschen Hotels über dem europäischen Schnitt. Überraschend, ja. Ein gutes Zeichen? Vielleicht. Aber was nützt es, wenn gleichzeitig die Zimmerpreise in Deutschland deutlich niedriger sind als in Amsterdam, Paris, London oder Skandinavien, wie aktuelle Erhebungen von Statista und STR Global zeigen?


Die Forderung, Löhne zu reduzieren, bleibt realitätsfern. Schon heute fällt es schwer, qualifizierte Mitarbeitende zu finden. Wer weniger zahlt, bekommt am Ende auch weniger Qualität. Ein Vergleich aus dem Fußball verdeutlicht das Dilemma: Würden Bayern München oder Borussia Dortmund ihre Gehälter drastisch kürzen, könnten sie auch nicht mehr ernsthaft um die Meisterschaft spielen. Natürlich verdienen Profisportler zu viel – aber als Bild für Leistungsfähigkeit taugt der Vergleich allemal. Ohne faire Bezahlung gibt es keine Spitzenleistung – weder im Stadion noch im Hotel.


Die Branche kämpft ohnehin nicht nur mit Umsatzrückgängen, sondern auch mit einem strukturellen Fachkräftemangel. Der Versuch, diese Lücke mit Quereinsteigern zu schließen, hat klare Grenzen. Laut einer Studie der Bundesagentur für Arbeit verlassen rund 40 Prozent der Quereinsteiger die Hotellerie innerhalb der ersten zwei Jahre wieder. Nachhaltigkeit bedeutet eben nicht nur „freundlich sein“, sondern auch gerecht bezahlen – sonst dreht sich das Rein-Raus-Karussell am Arbeitsmarkt munter weiter.

Ein weiterer Punkt der Diskussion: Die Unternehmerin erklärte, sie habe ihre Hotelrestaurants geschlossen, weil sie keine Gewinne abwarfen. Zugegeben,


Hotelrestaurants sind nicht immer die Goldgrube – das weiß jede*r in der Branche. Aber sie sind oft entscheidend für die Attraktivität eines Hauses. Gäste buchen nicht selten auch wegen des kulinarischen Angebots. Beispiele wie NENI in den 25hours Hotels, die Roomers-Restaurants oder innovative Pachtkonzepte, bei denen das Hotel trotz externem Betreiber mitverdient, zeigen, dass Gastronomie funktionieren kann. Sie ist nicht nur Kostenfaktor, sondern auch Image- und Erlebnisfaktor.


Digitalisierung kann helfen, Prozesse zu verbessern und Arbeit zu erleichtern – aber bitte nicht mit dem Rasenmäherprinzip. Ein digitaler Check-in passt hervorragend in Budget- oder Economy-Hotels. In einem Luxus-, High-End-Design- oder Boutique-Hotel, wo Gäste 200 Euro pro Nacht und mehr zahlen, erwarten sie Service mit Gesicht und Stimme. Digitalisierung ist ein Werkzeug, kein Ersatz für Gastfreundschaft. Künstliche Intelligenz kann an Telefonanlagen oder im Backoffice, in Abläufen, Buchhaltung, Marketing oder vielen anderen Segmenten unterstützen – aber eben nicht die persönliche Begegnung ersetzen. Wer glaubt, Digitalisierung sei automatisch gleichbedeutend mit Fortschritt, hat das Wesen der Hotellerie nicht verstanden: Sie lebt von Menschen, Emotionen und Authentizität.


Die Hotellerie steht an einem Scheideweg. Entweder sie investiert nachhaltig in Menschen, faire Gehälter, attraktive Gastro-Konzepte und smarte Technologie – oder sie folgt weiterhin dem Irrweg „billiger ist besser“. Wer glaubt, mit Dumpinglöhnen und austauschbaren Konzepten die Zukunft sichern zu können, irrt gewaltig. Die Chance liegt darin, ehrlich in Qualität und Menschen zu investieren, mutig neue Ideen auszuprobieren und Digitalisierung dort einzusetzen, wo sie echten Mehrwert schafft. Nur so bleibt die Branche konkurrenzfähig, attraktiv – und kann trotz aller Herausforderungen optimistisch nach vorne blicken.


Quellen: 


 
 
 

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