Booking.com: Wenn Partnerschaft zur Abhängigkeit wird
- Zeev Rosenberg
- vor 8 Stunden
- 3 Min. Lesezeit

Klagen in Deutschland und Europa
Der Hotelverband Deutschland (IHA) unterstützt seit 2021 eine Sammelklage von rund 2.000 Hotels gegen Booking.com. Der offizielle Titel lautet: **„Schadensersatz wegen kartellrechtswidriger Bestpreisklauseln – IHA unterstützt Sammelklage von rund 2.000 Hotels gegen Booking.com beim Landgericht Berlin.
Parallel dazu haben sich europaweit mehr als 10.000 Hotels zusammengeschlossen. Koordiniert von der Hotel Claims Alliance und unterstützt von HOTREC verlangen sie in Amsterdam Schadensersatz für die Folgen der Paritätsklauseln zwischen 2004 und 2024. Grundlage ist das EuGH-Urteil vom 19. September 2024, das diese Klauseln nicht länger privilegiert. Der Bundesgerichtshof hatte bereits 2021 entschieden, dass auch die „engen“ Bestpreisklauseln unzulässig sind.
Alte Probleme – ungelöst
Schon vor Jahren sorgten gravierende Sicherheitsprobleme für Unmut. Phishing-Mails, täuschend echt im Design von Booking, ermöglichten Angreifern Zugriff auf Hotelkonten und setzten die Zwei-Faktor-Authentifizierung außer Kraft. Während Hotels eigene Maßnahmen ergreifen mussten, wies Booking die Verantwortung zurück und beschuldigte seine Partner der Unachtsamkeit. Auch die Möglichkeit, Gruppenbuchungen noch am Anreisetag zu stornieren, wurde lange kritisiert. Erst nach erheblichem Druck änderte Booking seine Systematik – heute können Gruppenreservierungen nur noch über spezielle Funktionen verwaltet werden.
Hinzu kamen in jüngster Zeit Fake-Buchungen. Pseudo-Gäste blockieren gleich mehrere Dutzend Zimmer, hinterlegen Kreditkarten, die nicht geprüft werden, und legen so Kapazitäten lahm. Da Anfragen an Booking häufig unbeantwortet bleiben, haben viele Hotels gelernt, solche Reservierungen eigenständig zu stornieren.
Hohe Kommissionen – und trotzdem unterboten
Die Standardkommissionen bei Booking liegen zwischen **15 und 18 Prozent**. Wer zusätzlich im **Preferred Partner Programme** gelistet sein will, zahlt noch einmal **3 bis 5 Prozentpunkte** mehr – in der Praxis also bis zu **23 Prozent Kommission**.
Besonders bitter ist, dass diese Hotels trotz der hohen Abgaben auf der Plattform unterboten werden. Durch Programme wie Genius, das Gästen in der ersten Stufe automatisch zehn Prozent und in der zweiten Stufe fünfzehn Prozent Rabatt gewährt, sowie durch Mobile Rates und Geo-Preise erscheinen die Zimmer auf Booking günstiger als auf der hoteleigenen Website – obwohl die Kosten für die Teilnahme erheblich sind.
Strategischer Irrweg statt Dialog
Die zentrale Frage bleibt: Warum nutzt Booking seine starke Marktstellung, um sie gegen die Branche auszuspielen, statt echte Partnerschaft zu suchen? Ein ehrlicher Dialog auf Augenhöhe wäre längst überfällig.
Der Schritt, in den Aufsichtsrat einer branchenfernen Denkfabrik einzutreten, wirkt nicht vertrauensbildend. Im Gegenteil: Er verstärkt die Distanz zur Hotellerie. Hotels und Verbände wollen auf gleicher Ebene mit Booking sprechen – nicht von oben herab behandelt werden. Solange das Unternehmen nicht mit den relevanten Interessenvertretern wie IHA oder HSMA ernsthaft in den Austausch tritt, bleibt eine Diskussion auf Augenhöhe unmöglich. Booking sollte aufhören, sich als Opfer darzustellen, und Verantwortung für die Probleme übernehmen.
Marktpräsenz & Buchungsverhalten
Bookingcom dominiert den europäischen OTA-Markt mit einem Anteil von rund 71 Prozent, Expedia folgt mit etwa 15 Prozent. Weltweit entfallen ungefähr 25 Prozent aller Hotelbuchungen auf Bookingcom Quelle: https://www.hospitalitynet.org/news/4122738.html
Aus Hoteliersicht lässt sich die Bedeutung der Plattform nicht wegdiskutieren. Booking hilft, Zimmer zu füllen, Reichweite zu schaffen und Buchungen in Märkten zu generieren, die Hotels alleine kaum erschließen könnten. Gerade für private und unabhängige Häuser ist die Unterstützung im Vertrieb ein entscheidender Vorteil. Gleichzeitig haben viele Hotels in den vergangenen Jahren gelernt, über die eigenen Webseiten günstigere Raten anzubieten und so Direktbuchungen attraktiver zu machen. Dennoch bleibt Booking für viele Gäste die erste Anlaufstelle – wegen der schieren Auswahl und der einfachen Handhabung.
Fazit
Booking füllt Betten, und daran besteht kein Zweifel. Für Hotels – gerade für kleinere und private Häuser – ist die Plattform ein starker Vertriebspartner, der Sichtbarkeit und Auslastung bringt. Doch die Kombination aus hohen Kommissionen, ungelösten Sicherheitsproblemen, Fake-Buchungen, aggressiven Rabattprogrammen und einer Marktdominanz, die den Direktvertrieb schwächt, hat die einstige Partnerschaft längst in eine Abhängigkeit verwandelt.
Booking hat die Marktmacht, den Kurs zu ändern. Es wäre an der Zeit, die Raten der Partner nicht länger zu unterbieten, den Dialog mit den Verbänden offen und ehrlich zu führen und eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe zu gestalten. Nur wenn Booking sein Selbstbild als Opfer aufgibt und Verantwortung übernimmt, kann die Beziehung zu den Hotels wieder Vertrauen gewinnen.
Mein Wunsch wäre, dass Booking endlich versteht, dass wir nur dann erfolgreich zusammenarbeiten können, wenn wir auf Augenhöhe und fair miteinander reden und eine Partnerschaft aufbauen, die wirklich gleichberechtigt ist.
Die kommenden Monate werden zeigen, ob das Unternehmen diese Chance ergreift – oder ob Gerichte und Verbände die Wende erzwingen müssen.