Leadership 2025: Nähe schlägt Titel
- Zeev Rosenberg
- vor 2 Tagen
- 3 Min. Lesezeit

Warum Verantwortung, Gastgebermentalität und Haltung heute mehr zählen als Titel
Führung wird 2025 gern mit neuen Begriffen überladen. Purpose, New Work, partizipative Modelle. Viel davon klingt modern, wenig davon trägt im Alltag. Gerade in der Hotellerie entscheidet Leadership nicht auf Folien, sondern zwischen Rezeption, Küche und Backoffice. Dort, wo Verantwortung sichtbar wird und Richtung gefragt ist.
Klassische Führung war nie distanziert. Sie war sichtbar. Unternehmer wie César Ritz, Conrad Hilton oder Ferdinand Piëch standen vorne. Sie zeigten Haltung, gaben Orientierung und lebten vor, wofür ihr Unternehmen steht. Führung bedeutete nicht nur zu verwalten, sondern eine Richtung und eine Philosophie zu schaffen, an der sich Mitarbeitende orientieren konnten.
Führung heißt zuzuhören. Führung heißt entscheiden. Führung heißt, vorne zu stehen. Demokratische Führungsmodelle stoßen dort an Grenzen, wo Verantwortung nicht demokratisch verteilt ist. In Hotels liegt sie nicht bei allen Abteilungsleitern, nicht im Gremium, sondern beim Direktor. Scheitert ein Haus, wird nicht das Team gewechselt, sondern das Management. Diese Realität verlangt Klarheit, keine Moderation. Der Blick in den Sport zeigt es deutlich: Nach einer Niederlagenserie wird nicht die Mannschaft ausgetauscht, sondern der Trainer. Verantwortung folgt der Rolle, nicht der Anzahl der Beteiligten.
Nicht die Betitelung ist entscheidend, sondern wie der Job gemacht wird. Direktoren sind Gastgeber. Das ist kein Titel, sondern eine berufliche Haltung, oft sogar eine Lebensweise. Gastgebersein bedeutet Präsenz, Verantwortung und Konsequenz – jeden Tag, nicht nur bei offiziellen Anlässen. Diese Rolle lässt sich nicht delegieren und nicht ins Organigramm schreiben.
Teams brauchen Klarheit darüber, wofür ein Unternehmen steht – wirtschaftlich wie kulturell. Nähe ohne Richtung bleibt Beliebigkeit. Richtung ohne Nähe wird autoritär. Erst beides zusammen schafft Vertrauen und Stabilität. Führung entsteht dort, wo Haltung sichtbar wird und Entscheidungen nachvollziehbar bleiben.
Leadership endet nicht bei Kennzahlen. Sie umfasst Werte. Dazu gehört eine klare Haltung gegen Antisemitismus, gegen Rassismus und gegen jede Form von LGBTQ-Feindlichkeit. Hass, Hetze und Ausgrenzung dürfen keinen Platz in Betrieben und keine Akzeptanz in der Branche finden. Wird das toleriert, ist die Hotellerie stärker gefährdet als viele andere Wirtschaftszweige, weil sie von Offenheit, Vielfalt und internationalem Miteinander lebt. Wer Gäste aus aller Welt empfängt, trägt Verantwortung über den eigenen Betrieb hinaus. Wenn nicht diese Branche Haltung zeigt, wer dann?
Die Branche braucht keine Egozentriker und keine Egomanen, die sich selbst wichtiger nehmen als das Unternehmen oder die Menschen, die dort arbeiten. Selbstdarstellung ersetzt keine Führung. Wer mehr Energie in das eigene Bild investiert als in das Team, hilft weder dem Betrieb noch der Hotellerie insgesamt. Im Gegenteil: Solche Haltungen schaden der Branche mehr, als sie ihr nützen – weil Vertrauen verloren geht, Zusammenarbeit zerfällt und Mitarbeitende sich abwenden. Führung dient der Sache und den Menschen, nicht dem eigenen Ego.
Unternehmerisches Handeln misst sich nicht nur an Zahlen. Es misst sich an Werten, Fairness und Benehmen. Statussymbole ersetzen keine Integrität. Eine Uhr, eine Krawatte oder ein Auto sagen nichts über Führung aus. Entscheidend ist, wie mit Menschen umgegangen wird, besonders dann, wenn niemand zusieht. Wer die Bühne sucht, aber hinter den Kulissen Anstand vermissen lässt, verliert Vertrauen. Und Vertrauen ist die einzige Währung, die sich nicht kurzfristig ersetzen lässt.
Gastgeberorientierte Führung ist kein weicher Faktor. Sie wirkt messbar. Häuser mit klarer Führung, sichtbarer Präsenz und gelebten Werten haben geringere Fluktuation, stabilere Teams und bessere Gästebewertungen. Das senkt Recruiting-Kosten, erhöht Produktivität und stärkt die Marke. Nähe ist kein Kostenfaktor, sondern ein wirtschaftlicher Hebel – gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.
Work-Life-Balance ist wichtig, aber kein Ersatz für Führung. Verantwortung lässt sich nicht delegieren und nicht auf Modelle verteilen. Gute Führung schützt Teams vor Überlastung, ohne Entscheidungen zu vertagen oder Haltung zu relativieren. Orientierung entsteht nicht durch Abwesenheit, sondern durch Verlässlichkeit.
Nicht der Titel entscheidet über Führung. Nicht das Organigramm. Nicht die Außendarstellung. Entscheidend ist, ob Menschen folgen würden, auch ohne Betitelung. Wer Gastgeber ist, wird erkannt. Wer nur führt, wird ersetzt.
Am Ende bleibt eine einfache Frage: Würde das eigene Team dieser Führung auch dann vertrauen, wenn der Titel keine Rolle spielte?









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