top of page

Zwischen Abhängigkeit und Selbstbestimmung: Der Kampf um Direktbuchungen in der Hotellerie

  • Autorenbild: Zeev Rosenberg
    Zeev Rosenberg
  • 14. Sept.
  • 3 Min. Lesezeit
Bild KI - Zwischen Abhängigkeit und Selbstbestimmung: Der Kampf um Direktbuchungen in der Hotellerie
Bild KI - Zwischen Abhängigkeit und Selbstbestimmung: Der Kampf um Direktbuchungen in der Hotellerie

Die Macht der OTAs ist nicht mehr zu übersehen. Ihre Budgets, ihre Reichweite und ihre Algorithmen diktieren die Sichtbarkeit der Hotels. Wer diesen Hebel ignoriert, verschwindet im digitalen Nirwana. In Märkten ohne starke Marke oder eigene Präsenz liefern Booking & Co. Reichweite, die ein einzelnes Hotel niemals allein aufbauen könnte. Das macht sie unverzichtbar – aber auch gefährlich.


Denn die Hotellerie hat zu lange zugesehen. Am Anfang wurden OTAs als willkommene Helfer wahrgenommen. Viele Häuser haben sich bequem eingerichtet und die Plattformen sogar als Ersatz für eine eigene Internet Booking Engine missbraucht. Selbst große Ketten verzichteten auf eigene Systeme, anstatt in die Zukunft zu investieren. Eine IBE – die direkte Buchungsmaschine auf der Hotelwebsite – bedeutet Kontrolle über Preise, Verfügbarkeiten, Gästedaten. Sie ist das Rückgrat des Direktgeschäfts.


Anfang der 2010er Jahre kam das Erwachen. Die IHA, die HSMA und zahlreiche Hoteliers erkannten, dass OTAs nicht Partner, sondern Spieler mit harter Kante sind. Ratenparität, Membership-Programme, exklusive Deals – alles Instrumente, um Hotels kleinzuhalten. Trotzdem fehlte lange der Mut, eigene Wege zu gehen. Erst als die Ratenparität kippte, gab es keinen Grund mehr, den Kopf in den Sand zu stecken.


Heute ist klar: Ohne moderne, schnelle, mobiloptimierte IBE verliert jedes Haus den Anschluss. Dazu gehört konsequentes Marketing – klare Botschaften wie „Best Rate Direct“, exklusive Vorteile auf der eigenen Website, kontinuierliche Sichtbarkeit in Social Media und Newslettern. Auch offline darf man nicht nachlassen: Corporate Business, Gruppen, MICE und Kooperationen mit Destinationen oder Reiseveranstaltern sind tragende Säulen. OTAs können Zugänge zu neuen Märkten schaffen, doch sobald Nachfrage entsteht, muss der Direktvertrieb übernehmen – mit lokaler Kampagne, SEO in Landessprache und Präsenz vor Ort.


Private Hotels sind hier im Vorteil. Sie handeln schneller, passen Systeme an, reagieren flexibler auf regionale Nachfrage. Start-ups und kleine Anbieter bieten oft innovativere Lösungen als große Tech-Konzerne, deren Systeme schwerfällig und teuer sind.

Die aktuellen Zahlen zeigen die Schieflage. 2013 buchten in Europa noch rund 57,6 % der Gäste direkt. Zehn Jahre später sind es nur noch 50,9 %. Der OTA-Anteil stieg im selben Zeitraum von 19,7 % auf knapp 30 %. Besonders kleine Hotels leiden: Ein Drittel erzielt bereits mehr als die Hälfte der Übernachtungen über OTAs. Damit bleibt Direktbuchung zwar stabil, steht aber unter massivem Druck.


Wer den Anteil der Direktbuchungen steigern will, muss die Gästeperspektive ernst nehmen. Gäste erwarten, dass Direktbuchung sich für sie lohnt – finanziell, praktisch und emotional. Dazu gehören klare Bestpreis-Garantien, transparente Preise ohne versteckte Gebühren und exklusive Vorteile wie Upgrades, Early Check-in, Late Check-out oder ein Welcome Drink. Sicherheit und Flexibilität spielen ebenso eine Rolle: kostenlose Umbuchungen, direkte Ansprechpartner im Hotel, flexible Zahlungsoptionen. Loyalty-Programme, personalisierte Angebote oder Geburtstagsrabatte binden Gäste langfristig. Hinzu kommt die digitale Seite: eine starke E-Commerce-Strategie mit SEO und SEA, Metasuchmaschinen, Remarketing und personalisierten Newslettern sorgt dafür, dass der Gast das Direktangebot auch wahrnimmt. Offline bleibt eine professionelle Sales-Arbeit wichtig: Corporate Rates nur direkt, enge Kontakte zu Firmenkunden, Kooperationen mit lokalen Partnern und eine klare Kommunikation gegenüber Stammgästen. All das setzt eines voraus – den Mut, Budgets für E-Commerce und Direktvertrieb zu erhöhen und sie als Investition zu sehen, nicht als Kosten.


Aktuelle Entwicklungen bestätigen diesen Weg. Wie Tageskarte.io berichtet, setzen immer mehr Hotels wieder erfolgreich auf den Direktvertrieb und verzeichnen sinkende OTA-Anteile. Gründe dafür sind moderne Buchungssysteme, Loyalty-Programme und gezieltes Online-Marketing, die Direktbuchung für Gäste attraktiver machen. Das zeigt klar: Abhängigkeit von OTAs ist kein Naturgesetz – wer aktiv handelt, kann die Balance verändern.


Fazit: Die Dominanz der OTAs ist Realität, aber kein Schicksal. Wer Direktbuchungen sichern will, muss strategisch denken, technologisch investieren und konsequent handeln. Der Weg führt über moderne Systeme, mutige Budgets, kreative Kampagnen und starke Vertriebsteams. Nur so behalten Hotels die Kontrolle über Preis, Gästedaten und Marke. Wichtig ist dabei, den Durchschnittswert von rund 30 % OTA-Anteil nicht falsch zu interpretieren: Je nach Markt und Hotelgröße liegt der Wert oft deutlich höher. Stadthotels und Individualbetriebe kämpfen häufig mit 40 % und mehr OTA-Geschäft. Und auch Gäste profitieren – denn Direktbuchung bedeutet für sie oft: bessere Preise, mehr Service und mehr Sicherheit. Genau deshalb gilt: Abhängigkeit oder Selbstbestimmung – die Entscheidung liegt in den Häusern selbst.


Quellen:

 
 
 

Kommentare


bottom of page