Die Politik senkt die Mehrwertsteuer – und die Gastronomie hat jetzt ein Problem
- Zeev Rosenberg
- 20. Apr.
- 2 Min. Lesezeit

Ab dem 1. Januar 2026 soll der reduzierte Mehrwertsteuersatz auf Speisen zurückkehren. Die Branche, die in den letzten Jahren kaum zur Ruhe kam, bekommt endlich etwas Luft – zumindest auf dem Papier. Doch es ist wie immer: Wenn die Politik liefert, wird aus Entlastung schnell Erwartung. Wird’s für den Gast jetzt billiger?
Die Debatte läuft bereits heiß. Viele Gäste erinnern sich genau: Als die Mehrwertsteuer im vergangenen Jahr wieder erhöht wurde, sind die Preise in der Speisekarte gestiegen – oft sofort. Und jetzt? Jetzt, wo eine Rücknahme ins Haus steht, wird branchenintern bereits diskutiert, ob man das überhaupt weitergeben könne. Zu teuer sei alles, zu knapp die Marge. Das Argument ist nicht falsch – aber es ist gefährlich.
Denn die Lage ist angespannt. Laut Destatis, zitiert von der AHGZ, ist der reale Umsatz im Gastgewerbe im Februar 2025 im Vergleich zum Vorjahr um 3,2 Prozent gesunken. Die Meininger Fachzeitung spricht ebenfalls von einem Rückgang – besonders bei kleineren Betrieben. Der Trend zeigt klar nach unten, von Erholung keine Spur. (AHGZ, Meininger)
Wer in dieser Lage die Senkung der Mehrwertsteuer einfach einbehält, macht rechnerisch vielleicht nichts falsch – aber kommunikativ alles. Denn was sendet das für ein Signal? Als es teurer wurde, mussten die Gäste zahlen. Jetzt, wo es günstiger wird, sollen sie leer ausgehen? So funktioniert Vertrauen nicht.
Dabei geht es nicht nur um ein paar Cent auf der Rechnung. Es geht um die Frage, ob eine Branche, die lange um Verständnis gebeten hat, jetzt bereit ist, selbst Verständnis zu zeigen. Wer glaubt, man könne sich durchlavieren, ohne Haltung zu zeigen, irrt. In der Gastronomie wird nicht nur mit Produkten kalkuliert, sondern mit Emotionen.
Darum braucht es ein Zeichen. Kein radikales, aber ein sichtbares. Preise leicht senken. Erklären, warum nicht alles durchgereicht werden kann. Transparent machen, wo die Mittel bleiben. Investieren in Qualität, in Personal, in das, was Gäste heute vermissen: Verlässlichkeit und Wertschätzung.
Die Mehrwertsteuersenkung ist keine wirtschaftspolitische Fußnote. Sie ist ein Lackmustest für eine Branche, die oft auf ihre gesellschaftliche Bedeutung pocht. Wer das ernst meint, muss jetzt liefern.
Denn eins ist klar:
Wer in Zeiten der Entlastung schweigt, darf sich in Zeiten der Krise nicht über leere Tische wundern.
Comments